Flugsalben
Rituelle Salben in der europäischen Hexentradition
Definition:
Flugsalben, auch Hexensalben genannt, sind salbenartige Zubereitungen aus psychoaktiven Pflanzen, tierischen und pflanzlichen Fetten sowie magischen Zutaten, die in der europäischen Volksmagie und Hexentradition verwendet wurden. Sie wurden vor allem im Mittelalter und der frühen Neuzeit mit sogenannten „Hexenflügen“ in Verbindung gebracht – symbolische oder bewusstseinserweiternde Reisen in andere Wirklichkeitsebenen.
Historischer Kontext:
Im Volksglauben hieß es, Hexen hätten sich mit einer besonderen Salbe eingerieben, um auf Besen, Stöcken oder Tieren durch die Luft zum Hexensabbat zu fliegen. In der Realität handelte es sich dabei jedoch eher um eine tranceinduzierende Praxis: Die Salben enthielten stark wirkende psychoaktive Pflanzenstoffe, die veränderte Bewusstseinszustände hervorriefen – ähnlich wie Schamanen sie in anderen Kulturen zur Seelenreise oder Visionensuche nutzen.
Typische Inhaltsstoffe:
Viele überlieferte oder rekonstruierte Rezepturen enthielten folgende Zutaten:
Nachtschattengewächse wie Tollkirsche (Atropa belladonna), Alraune (Mandragora officinarum), Stechapfel (Datura stramonium) oder Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) – alle hochgiftig und halluzinogen
Tierisches Fett, meist Gänseschmalz oder Schweinefett, als Trägerstoff
Magische Zusätze wie Fliegenpilz, Fledermausblut, Krähenfedern, Harze, Weihrauch, und Kräuter mit ritueller Bedeutung
Die psychoaktiven Alkaloide (z. B. Atropin, Scopolamin) dieser Pflanzen wirken halluzinogen und können bei transdermaler Aufnahme (über die Haut) starke visuelle Visionen, Zeitverlust, Träume und außerkörperliche Erfahrungen hervorrufen.
Spirituelle Bedeutung:
In der magischen und spirituellen Praxis galten Flugsalben als Mittel zur Bewusstseinserweiterung, zum Übergang in die Anderswelt oder zur Kommunikation mit Geistern, Ahnwesen und Naturkräften. Die „Flüge“ waren innerlich-geistige Reisen – keine physischen. Diese Techniken ähneln rituellen Trancepraktiken in indigenen Kulturen und können als eine Form des europäischen Schamanismus verstanden werden.
Moderne Anwendung und Rekonstruktion:
Heutzutage experimentieren einige Praktizierende der modernen Hexenkunst (Wicca, Stregheria, Neuheidentum) mit ungefährlicheren Rezepturen – z. B. mit nicht-toxischen Kräutern oder verdünnten homöopathischen Zubereitungen. In der Kräutermagie und ethnobotanischen Forschung werden historische Rezepturen teilweise analysiert oder in symbolischer Form weitergeführt.
Warnhinweis:
Originale Flugsalben sind hochtoxisch und lebensgefährlich. Der Umgang mit stark wirksamen Alkaloiden aus Nachtschattengewächsen erfordert fundiertes Wissen, medizinisches Verständnis und große Vorsicht. Ihre Herstellung und Anwendung ist in vielen Ländern gesetzlich verboten oder stark reguliert.
Verwandte Begriffe:
Hexenflug, Alraune, Nachtschattengewächse, Trance, schamanische Reise, Hexensabbat, Bewusstseinsveränderung, Pflanzenmagie