Biblische Figur / Jünger Jesu / Verrätergestalt / Theologische Symbolfigur
Judas Iskariot war einer der zwölf Apostel Jesu im Neuen Testament der Bibel. Sein Name ist untrennbar mit dem Verrat an Jesus Christus verbunden, was ihn zu einer der berüchtigtsten Figuren der christlichen Überlieferung gemacht hat.
„Judas“ (griechisch: Ioudas, hebräisch: Yehuda) bedeutet „Gott sei gepriesen“
Der Beiname „Iskariot“ könnte bedeuten:
„Mann aus Kariot“ (einem Ort in Judäa)
oder: eine Anspielung auf das aramäische sicarii („Dolchträger“, möglicherweise revolutionärer Kontext)
Mitglied des inneren Kreises um Jesus
Wird häufig als Kassenwart der Gruppe bezeichnet
Laut den Evangelien verriet Judas Jesus an die Hohenpriester, indem er ihn gegen 30 Silberstücke identifizierte
Im Garten Gethsemane übergibt er Jesus mit einem Kuss an die Tempelwachen („Judaskuss“)
Die Evangelien berichten unterschiedlich über sein Ende:
Matthäusevangelium: Judas bereut, gibt das Geld zurück und hängt sich
Apostelgeschichte: Judas stirbt durch Sturz und Zerreißen des Körpers – möglicherweise eine symbolisch überzeichnete Darstellung
Verräter: Judas gilt als Inbegriff des Verrats, insbesondere des inneren, persönlichen Verrats
Werkzeug des göttlichen Plans?
Einige theologische Interpretationen sehen Judas als notwendiges Instrument der Heilsgeschichte, da sein Verrat zur Kreuzigung und damit zur Erlösung führt
Freiwillige Schuld oder vorherbestimmt? – eine seit Jahrhunderten diskutierte Frage
Symbol für Gier, Verblendung, Verzweiflung, aber auch für Schuld, Reue und Tragik
Kirchengeschichte: Judas wurde jahrhundertelang dämonisiert – als Symbolfigur des „ewigen Verrats“
Judas als Jude: Antijüdische Deutungen im Mittelalter machten Judas zum Projektionsobjekt – mit gravierenden Folgen (antisemitische Stereotype)
Gnostisches Evangelium des Judas (entdeckt 20. Jh.):
Stellt Judas in einem ganz anderen Licht dar: als bevorzugter Schüler, der Jesus bewusst hilft, sein Schicksal zu erfüllen
Von der Kirche nicht anerkannt – regt aber zu neuer Interpretation an
„Judaskuss“: Ausdruck für einen scheinbar liebevollen, tatsächlich jedoch verräterischen Akt
„Judaslohn“: Bezeichnung für einen Lohn, den man für Verrat erhält
Darstellungen in Malerei (z. B. Giotto, Da Vinci), Literatur (Dante, Borges), Theater und Film
Judas als tragische, ambivalente Figur – nicht nur als Bösewicht, sondern auch als Schatten des menschlichen Gewissens
Judas Iskariot ist mehr als nur der Verräter Jesu – er ist eine der vielschichtigsten und tiefgründigsten Figuren der religiösen Weltliteratur. Zwischen Schuld, Reue, Bestimmung und Verdammung steht er symbolisch für das dunkle Potenzial des Menschen, aber auch für die Frage nach Vergebung, Freiheit und Verantwortung.
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