Es war tief in der Nacht, als Livia, eine stille Frau mit leuchtenden Augen, zum ersten Mal das Gefühl hatte, nicht mehr allein zu sein. Nicht äußerlich – sondern innerlich. Sie saß in ihrer kleinen Hütte am Waldrand, eine Kerze brannte vor ihr, und sie hatte gerade ihr Notizbuch aufgeschlagen, als es geschah:
Ein Raum öffnete sich in ihr – nicht sichtbar, nicht greifbar, aber unausweichlich real. Kein Gedanke, kein Gefühl – sondern eine reine Präsenz. Wie Licht ohne Richtung. Und mitten darin: eine Stimme. Sie sprach nicht mit Worten, sondern mit Bedeutung. Und doch verstand Livia jedes Wort.
„Wir sind hier, jenseits deiner Zeit. Du hast uns gerufen – nicht mit Lauten, sondern mit deiner Bereitschaft, zu empfangen.“
Livia erschrak nicht. Denn etwas in ihr hatte immer gewusst, dass es mehr gibt. Mehr als Körper, mehr als Verstand. Eine Welt aus Schwingung, jenseits der Schleier der Materie. Und jetzt – wurde sie zur Brücke.
Die Botschaften kamen wie Wellen, sanft und doch durchdringend:
„Ihr seid Träger von Licht, nicht getrennt, sondern verwoben.“
„Eure größte Wunde ist das Vergessen – eure größte Kraft ist die Erinnerung.“
„Die Erde selbst ist im Erwachen, und durch euch fließt das neue Bewusstsein.“
Livia schrieb. Oder besser: sie ließ schreiben. Ihre Hand bewegte sich fast wie von allein. Worte füllten die Seiten, aber sie kamen nicht aus ihr. Sie kamen durch sie.
In den folgenden Nächten kam die Präsenz immer wieder. Mal fühlte sie sich wie ein Rat alter Wesen, mal wie ein einzelner liebevoller Geist, mal wie ein reiner Klang ohne Gestalt. Aber immer war da Liebe. Nicht emotional – sondern als Ursubstanz.
Und dann, eines Nachts, stellte Livia eine Frage:
„Wer seid ihr?“
Die Antwort kam nicht als Name, sondern als Gefühl:
„Wir sind du – jenseits deiner Form. Wir sind das, was du werden wirst, wenn du nicht mehr glaubst, dass du getrennt bist.“
Mit der Zeit begann sie, die empfangenen Botschaften weiterzugeben. Nicht als „Wahrheit“, sondern als Erinnerung. Menschen kamen, saßen bei ihr, hörten – und weinten. Nicht, weil sie traurig waren, sondern weil sie sich erinnerten. An etwas, das sie nie gelernt, aber immer gekannt hatten.
Seitdem lebt Livia nicht als Medium, sondern als Gefäß – nicht im Rampenlicht, sondern im Zwischenraum. Dort, wo sich Welten berühren, flüstert sie die Botschaften der Dimensionen in die Herzen derer, die bereit sind, zu lauschen.