„Die Reise der Sternenseele“
In einer Zeit, bevor die Zeit geboren wurde, schwebte eine Seele durch die Weiten des Alls. Sie war weder alt noch jung, sie war einfach. Ein Funken Licht, ein Tropfen Ewigkeit. Ihr Name war Liora – „die Leuchtende“.
Liora kannte keine Grenzen, keine Sorgen, keine Form. Doch tief in ihrem inneren Leuchten war eine Sehnsucht – nach Erfahrung, nach Wachstum, nach Berührung.
Und so trat sie ihre erste Reise an. Ein goldenes Tor öffnete sich, und sie fiel – sanft und still – in eine neue Welt. Dort wurde sie geboren, als Kind aus Fleisch und Knochen, mit vergessenen Flügeln und einem Herzen, das sich erinnerte.
Liora lebte. Sie lachte, liebte, lernte. Sie fühlte Schmerz und Schönheit, Scheitern und Freude. Doch der Körper alterte, die Zeit verging – und als der letzte Atemzug kam, erinnerte sich die Seele: „Ah, das war nur eine Etappe.“
Sie stieg empor, ließ den Körper zurück, wie eine Schneeflocke im Wind, und kehrte zurück zu den Sternen. Doch etwas hatte sich verändert. Sie war reicher geworden – nicht an Gold, sondern an Weisheit.
Und sie wusste: Es war nicht vorbei.
Wieder und wieder reiste Liora. Als Tochter eines Fischers, als heilkundige Frau im alten Indien, als Krieger im eisigen Norden, als Maler in Paris. Jedes Leben ein Kapitel, jede Inkarnation ein Pinselstrich auf der Leinwand der Unendlichkeit.
Manchmal verirrte sie sich – wählte Schmerz, Macht oder Gier. Doch auch das war Teil der Reise. Denn jede Erfahrung, hell oder dunkel, lehrte sie etwas über das große Ganze.
Eines Tages – viele Leben später – wurde Liora erneut geboren, diesmal in einer ruhigen Zeit. In einem Körper, der das Licht kannte, obwohl er es vergessen hatte. Und als sie erwachsen wurde, begann sie sich zu erinnern: an Träume, die sich wie fremde Leben anfühlten. An Orte, die sie nie besucht hatte. An Stimmen aus anderen Welten.
Sie suchte nach Wahrheit – in Büchern, im Wald, in den Augen der Menschen.
Und dann, eines Abends, im leisen Licht der Dämmerung, saß sie still und spürte tief in sich hinein. Und da war sie – die Erinnerung, klar wie Mondlicht:
„Ich bin eine Seele auf Reise. Ich bin alle, die ich war. Ich bin mehr, als ich scheine.“
Sie lächelte.
Denn sie wusste: Der Weg geht weiter. Immer. Und jede Seele findet irgendwann nach Hause.